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Der Weg zum digitalen Binnenmarkt oder Was ist ein Single Digital Gateway? Interview des Cluster IT Mitteldeutschland mit procilon-Geschäftsführung
Der Weg zum digitalen Binnenmarkt oder Was ist ein Single Digital Gateway? Interview des Cluster IT Mitteldeutschland mit procilon-Geschäftsführung

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Der Weg zum digitalen Binnenmarkt oder Was ist ein Single Digital Gateway?

Interview des Cluster IT Mitteldeutschland mit procilon-Geschäftsführung

Leipzig, 07. Mai 2019: Die Digitalisierung nimmt in allen Bereichen der Gesellschaft deutlich Fahrt auf. Auch die Europäische Union versucht mit dieser rasanten Entwicklung mitzuhalten, um für den digitalen Binnenmarkt geeignete Rahmenbedingungen zu formulieren. Gerd Neudert, Geschäftsführer des Cluster IT Mitteldeutschland, erkundet in einem Gespräch mit procilon-Geschäftsführer Jürgen Vogler was sich hinter der ‚VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors zu Informationen, Verfahren, Hilfs- und Problemlösungsdiensten und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012‘ verbirgt.

gerd neudert, cluster it mitteldeutschland

Gerd Neudert: Als ich vor kurzem erstmalig dem Begriff ‚Single Digital Gateway‘ begegnete und feststellte, dass dahinter eine EU-Verordnung steckt, mußte ich sofort an procilon denken. Herr Vogler, ihr Unternehmen wandelt ja sozusagen in der Welt der Technik aber eben auch in der der Rechtsvorschriften. Bitte helfen Sie mir, die Verordnung einzuordnen.

Jürgen Vogler: Gern und vielen Dank für Ihre procilon-Wahrnehmung. Die ist durchaus treffend. Ohne zu sehr in die Tiefe zu gehen kann ich sagen, dass die EU Verordnung ein ähnliches Ziel verfolgt, wie der in Deutschland angestrebte Portalverbund der öffentlichen Verwaltungen, geregelt durch das Online-Zugangs-Gesetz(OZG). Durch ein zentrales digitales Zugangstor (Single Digital Gateway) soll der Online-Zugang zu Informationen und Verfahren harmonisiert werden. Im ersten Schritt erst einmal in Deutschland und im zweiten in der ganzen EU. In beiden Fällen reden wir nicht von Zukunftsmusik sondern von Rechtssicherheit, denn die EU Verordnung wurde Anfang Oktober vom Rat und vom Europäischen Parlament unterschrieben, im EU-Amtsblatt veröffentlicht und ist damit kurz nach der Veröffentlichung in Kraft.

GN: Gerade erst hat die EU mit der DSGVO für einen Aufreger gesorgt, droht jetzt der nächste?

JV: Das ist nicht zu erwarten, da es sich beim Single Digital Gateway(SDG) vorrangig um eine, zentral vom Bund zu regelnde, Angelegenheit handelt und einzelne Verwaltungen und Unternehmen eher von den Vorteilen profitieren. Analog dem deutschen Portalverbund sollen Verwaltungsdienstleistungen im gesamten Binnenmarkt nutzbar sein. Ich will das an einem drastischen Beispiel verdeutlichen: mit dem SDG kann ein französischer Unternehmer in seiner Filialie in Dänemark ein, in Estland gekauftes, Auto für seine Firma in Deutschland zulassen.

GN: Das bekommen wir ja nicht mal in Deutschland digital hin. Müssen dann alle Länder die gleichen Systeme haben?

JV: Diese Annahme drängt sich gradezu auf, ist aber eine falsche Fährte. Um die Anwenderanforderungen, also die der Bürgerinnen und Bürgern und der von Unternehmen nach leichterem Zugang zu erfüllen, müssen nicht alle Systeme identisch sein. Aber sie müssen zueinander passen. Hier kommt das Single Digital Gateway als digitales Zugangstor für bestehende Systeme und Dienste, wie z. B. Bürger-Portale, als Verknüpfumgskomponente ins Spiel.

Um aber auf ihre Eingangsbemerkung zurück zu kommen: mit dem OZG wird auf nationaler Ebene etwas ähnliches beabsichtigt. Wir sehen hier neben dem realen Risiko des Scheiterns einige optimistische Entwicklungen.

GN: Dann nennen Sie mir doch bitte Gründe für ihren Optimismus.

JV: Unser Standpunkt dazu ist eindeutig. Die Art der verarbeitenden Systeme ist nicht der kritische Faktor sondern die Art und Weise, wie diese Systeme miteinander sicher kommunizieren. Die elementare Motivation für Digitalisierung sind automatisierte und medienbruchferie Prozesse. Der Schlüssel dafür ist Standardisierung. Diese braucht man auf der einen Seite in Form von vertrauenswürdigen, elektronischen Identitäten. Auf der anderen Seite muß ein Mindeststandard für auszutauschende Datenformate definiert werden. Zum Thema der Identitäten hat die EU mit der eIDAS-Verordung für Behörden und für die Wirtschaft einen praktikablen Standard gesetzt. Beim Datenaustausch sind wir in Deutschland mit den XÖV-Normen ebenfalls ganz gut positioniert. Darüberhinaus haben wir mit der DSGVO zusätzlich eine nicht geliebte aber europaweite Regelung, die gerade für den Schutz der Anwenderdaten durchaus sinnvoll ist. Vielleicht wird jetzt auch erst richtig klar, was digitaler Binnenmarkt bedeutet.

GN: Soviel zu Gesetzen. Wie sieht sowas denn in der Praxis aus?

JV: Dazu kann ich Alles rund um den elektronische Rechtsverkehr (ERV) anführen. Die eindeutige Rechtslage und damit verbundene Normung erlaubt es Institutionen und Unternehmen im Rahmen von Digitalisierungsstrategien automatisierte Prozesse einzuführen. Hier können wir mit genau passenden Produkten und langjähriger Projekterfahrung punkten. Davon profitieren aktuell besonders Institutionen im öffentlichen Sektor, die mit unseren Lösungen quasi ad hoc ihre Behördenpostfächer für die Justizkommunikation nutzen können. Bei Unternehmen sieht das etwas anders aus. Aber auch für diese haben wir eine Lösung parat. Sie können sich vorstellen, dass in den genannten Anwendungsfällen sehr unterschiedliche Systeme im Einsatz sind. Wenn wir jetzt noch Lösungen für Rechtsanwälte und Notare dazu nehmen, wir es richtig spannend. Deshalb haben wir in Lösungen für den elektronischen Rechtsverkehr in der Vergangenheit viel investiert. Hier hat sich die universelle Technologie unserer proGOV-Plattform bestens bewährt. Die Branche wird uns auch in Zukunft mit ihren hohen Sicherheitsanforderungen weiter bringen, denn das oberste Prinzip unserer Produkte ist immer vom Grundsatz der höchstmöglichen Informationssicherheit und Compliance geprägt. Wenn sie so wollen haben wir das Single Digital Gateway für den ERV.

GN: Dann kann die Europäische Kommission ja bei ihnen anfragen?

JV: Nicht umsonst haben wir mit den Technologien, die z.B. rund um den Vertrauensdienst der Bundesnotarkammer entstanden sind, den Grundstein für eine europaweite Markterweiterung gelegt.

Grund dafür ist insbesondere die Konformität mit europäischen Normen wie eIDAS. Außerdem fühlen wir uns als Gateway zwischen unterschiedlichen Lösungen oder auch kryptologischen Technologien ausgesprochen wohl. Aber nicht nur das, man muß sich auch Gedanken machen, wie Märkte erreicht werden sollen. Hier hilft uns durchaus der Paradigmenwechsel hin zu sicheren Cloud-Diensten. Und auch da haben wir einiges im Köcher. Das Terrain ist erkundet und die klare Antwort auf ihre Frage ist: Ja!

GN: Lieber Herr Vogler, haben Sie herzlichen Dank für Ihre informativen Antworten und die Einblicke in die Welt von procilon.


Zum Cluster IT Mitteldeutschland e. V.

Der Cluster IT ist das Branchennetzwerk der IT-Wirtschaft in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit der Zielsetzung, die Aktivitäten der Branche zu koordinieren und sichtbar zu machen. Gegründet wurde der Verein im Jahr 2009 und besitzt mittlerweile rund 50 Mitglieder. www.it-mitteldeutschland.de. 

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Henrike Ewald

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