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Interview mit dem Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands e.V. zum "Stand der Technik"
Mit dem IT-Sicherheitsgesetz ist eine ganze Reihe von Gesetzesänderungen initiiert worden, die unter anderem den Datenschutz verbessern sollen und zur Erreichung der Schutzziele auf den sogenannten „Stand der Technik“ referenzieren. Eine voll umfassende Beschreibung von IT-Sicherheit in einem Gesetzestext, ist schwer möglich. Dadurch ist eine Interpretationslücke entstanden, die im Bedarfsfall notwendige Recherche- und Begutachtungsaufwände erzeugen würde. Als Verband der deutschen IT-Sicherheitsindustrie hat der TeleTrusT e.V. den aktuellen „Stand der Technik“ für die grundlegenden Schutzziele
- Schutz vor Angriffen oder Manipulation von Daten
- Schutz vor Angriffen auf die Verfügbarkeit von Diensten
- Schutz vor Manipulationen von Diensten
formuliert und als Handreichung einer breiten Öffentlichkeit bereitgestellt. Als Mitglied des TeleTrusT hat sich die procilon GROUP an diesen Konkretisierungen beteiligt. Um mehr darüber zu erfahren, haben die BvD-News Marco Fischer, Geschäftsbereichsleiter Projekte und Services bei procilon, befragt. Er ist Mitautor des TeleTrusT-Papiers.

BVD-News: 	Herr Fischer, uns interessiert natürlich zu allererst, was „Stand der Technik“ für den Datenschützer bedeutet?
 MF:	Auf jeden Fall eine erste Orientierung. Dazu möchte ich ein Beispiel  bringen. Das IT-Sicherheitsgesetz zieht in Artikel 4 eine Änderung des  Telemediengesetzes nach sich. Dort wird in § 13 der Schutz von  personenbezogenen Daten nach dem Stand der Technik festgeschrieben. Eine  weitere Definition, was das genau ist, fehlt. Jetzt müsste jeder  Datenschützer, bezogen auf seine Tätigkeit eine Interpretation dieser  Formulierung vornehmen. Diese Arbeit haben wir ihm, zumindest teilweise,  abgenommen.
BVD-News: 	Soll das heißen, Sie wollen eine Gesetzeslücke schließen?
 MF: 	Nein, das war nicht der Anspruch des Verbandes. Unsere grundlegende  Herangehensweise war es, zu den wesentlichen IT-Sicherheitsaspekten die  maßgeblichen Schlüsselpunkte herauszuarbeiten, diese möglichst weit zu  konkretisieren und potentiell Betroffenen eine Orientierung, in einigen  Fällen auch eine konkrete Handlungsempfehlung zu geben. Damit bietet das  Papier keinen Rechtsrahmen, aber eine sehr gute Orientierungshilfe.
BvD-News: 	Wer ist ein potentiell Betroffener?
 MF: 	Im Blick der Öffentlichkeit stehen heute oft nur die sogenannten  Betreiber kritischer Infrastrukturen. Aber gerade vor dem Hintergrund  des Datenschutzes möchte ich noch einmal auf die Änderung des  Telemediengesetzes verweisen. Abgeleitet aus dem Gültigkeitsbereich  dieses Gesetzes ist de facto jeder Betreiber einer Website, egal ob  privat oder institutionell, davon betroffen. Insbesondere dann, wenn  Interaktionen mit Nutzern dieser Web-Site erfolgen, also  personenbezogene Daten ausgetauscht werden.
BvD-News: 	Also öffnet sich ein weites Feld der  Betrachtungsmöglichkeiten.  Dies erstreckt sich von der Einzelperson bis  zum Großunternehmen und von rechtlichen Aspekten bis zu technischen  Anforderungen. Wie bewältigt man solche Aufgaben?
 MF: 	Tatsächlich ist so etwas durch eine einzelne Person oder ein  Unternehmen nicht zu schaffen. Hier gilt es die richtigen Experten für  einzelne Sachgebiete zu identifizieren und zusammenzubringen. Der  Bundesverband TeleTrusT ist hierfür natürlich eine optimale Plattform.  Da der Auslöser die Gesetzgebung war, wurde das Papier dort vom  Arbeitskreis „Recht“ koordiniert und für die operative Arbeit ein  Projektteam von 20 Personen aus 16 Unternehmen gebildet. Durch diese  breit gefächerte Struktur ist unter dem Dach von TeleTrusT ein  einzigartiger Kompetenzverbund entstanden.
BvD-News: 	Und wo haben Sie mitgearbeitet?
 MF: 	Nun, das leitet sich aus den Kernkompetenzen der procilon ab. Wir  sehen unsere Expertise in den Bereichen Public Key Infrastructure,  Verschlüsselung und Signatur – sowie im Bereich des  IT-Security-Managements (ISMS). In diesen Kapiteln finden Sie meine  primären Zuarbeiten. 
BvD-News: 	Das Papier wurde im Mai veröffentlicht. Können Sie heute etwas zur Resonanz auf die Handreichung sagen?
 MF: 	Offensichtlich sind viele Anwender über eine Aufklärung zu den im  „Stand der Technik“ geforderten Sicherheitsstandards ausgesprochen  dankbar und können daraus notwendige Maßnahmen ableiten. Das zeigen  sowohl direkte Rückmeldungen an uns, als auch natürlich an TeleTrusT.  Die Handreichung findet über Deutschland hinaus im gesamten  deutschsprachigen Raum und in anderen EU-Ländern Beachtung und  Anerkennung.
BvD-News: 	Ist die Arbeit nun getan?
 MF: 	Natürlich nicht. Zum Einen ist eine Fortsetzung und weitere  Konkretisierung der vorhandenen Punkte geplant. Dies ist sicher für das  Verständnis in einer noch breiteren Öffentlichkeit auch hinsichtlich des  Datenschutzes hilfreich und notwendig. Zum Anderen wird es  Erweiterungen und Ergänzungen im Rahmen neuer Technologien geben müssen.  Hier wird der Expertenkreis unter dem Dach des TeleTrusT e.V. sicher  noch wachsen. Weitere Expertise ist hier ausgesprochen wünschenswert.
BvD-News: 	Und wie ist denn nun der Stand der Technik?
 MF: 	(lacht) Da werde ich Ihnen wohl eine Lektüre der Handreichung nicht  ersparen können. Die Themen reichen von sicherer Vernetzung und  Internetzugang über Client- und Serversicherheit, Digital Enterprise  Security bis zur Mobile Security. Ein Überblick über Standards und  Normen sowie Betrachtungen zum „Stand der Technik“ aus Sicht von  Prozessen runden die Handreichung ab. Als Mitautor haben wir natürlich  ein Interesse an einer möglichst großen Verbreitung des Papiers. So kann  der interessierte Datenschützer die Handreichung auf unserer Web-Site kostenfrei anfordern.
BvD-News: Herr Fischer, vielen Dank für das ausführliche Gespräch.